Fragen und Antworten zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht – Rechtsanwalt Dr. Philipp Groteloh im Interview
Bis zum Ablauf des 15. März 2022 müssen Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung Nachweise über den Impf- oder Genesenenstatus oder ein Zeugnis über das Bestehen einer Kontraindikation gegen das Impfen vorlegen. Die T+P Redaktion hat mit RA Dr. Philipp Groteloh (Bundesjustiziar / VDB-Physiotherapieverband) über die aktuell geltenden Regeln (Stand 01.02.2022) zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht gesprochen:
Aktuell erhalten wir viele Fragen zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Das Personal in Gesundheitseinrichtungen interessiert, was nach der Meldung eines ungeimpften Mitarbeiters und bis zum Betretungsverbot seitens des Gesundheitsamtes passiert. Darf ein Mitarbeiter in dieser Zeit – vor der offiziellen Anweisung des Gesundheitsamtes – seiner Tätigkeit in der Einrichtung weiter nachgehen?
Groteloh: Es wird unterschieden zwischen ab dem 16.03.2022 neu einzustellenden Mitarbeitern und bereits beschäftigten Personen. Für erstere gilt ein gesetzliches Tätigkeitsverbot nach § 20a Abs. 3 IfSG. Für diejenigen, die beschäftigt sind, gilt, dass diese dem Arbeitgeber bis zum 15.03.2022 den Impf- oder Genesenennachweis vorlegen müssen. Erfolgt dies nicht, muss der Arbeitgeber dies dem Gesundheitsamt melden. Bis zur Verhängung eines individuellen Tätigkeitsverbots nach § 20a Abs. 5 IfSG darf der jeweilige Mitarbeiter weiter arbeiten.
Oder macht er sich strafbar?
Groteloh: Nein, strafbar macht sich der Mitarbeiter nicht. Die ausbleibende, nicht rechtzeitige oder falsche Benachrichtigung des Arbeitgebers stellt aber bereits eine Ordnungswidrigkeit dar, gleiches gilt für die ausbleibende Benachrichtigung des Gesundheitsamtes nach Aufforderung oder die Tätigkeit trotz individuellen oder gesetzlichen Tätigkeitsverbotes.
Macht sich der Arbeitgeber strafbar oder hat er mit Sanktionen seitens der Gesundheitsbehörde zu rechnen?
Groteloh: Eine Ordnungswidrigkeit liegt auch hier vor, wenn der Arbeitgeber selbst gesetzlich vorgesehene Meldungen ans Gesundheitsamt nicht ordnungsgemäß vornimmt oder Mitarbeiter trotz eines individuellen oder gesetzlichen Tätigkeitsverbots beschäftigt.
Welche Konsequenzen drohen?
Groteloh: Es handelt sich jeweils um Ordnungswidrigkeiten, die zu Bußgeldern führen können. Dies ergibt sich aus § 73 Abs. 1a Ziff. 7e-h. Die Geldbuße beträgt in diesen Fällen bis zu 2.500 Euro€ für jeden Fall der Zuwiderhandlung.
Muss der Arbeitgeber Bußgeld zahlen, wenn er den Mitarbeiter in der Zeit zwischen dem 16.3. und dem offiziellen Betretungsverbot weiterbeschäftigt hat?
Groteloh: Nein.
Wie verhalten sich die Arbeitgeber korrekt, wenn der Mitarbeiter keinen Nachweis – abgesehen von der stattgefunden Meldung an das Gesundheitsamt – vorlegt. Muss er den Mitarbeiter kündigen? Stellt er den Mitarbeiter frei? Kündigt er fristgerecht oder fristlos? Was würden Sie den Arbeitgebern und Mitarbeitern empfehlen?
Groteloh: Hier kann der Arbeitgeber frei entscheiden, was er tun möchte. Er kann den Mitarbeiter weiterbeschäftigen, ohne etwas zu unternehmen. Er kann ihn auch abmahnen, denn die Pflicht zur Vornahme der Nachweise stellt zumindest eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis dar. Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, die Nachweise abzufragen und diese sind wiederum Voraussetzung für die Erbringung der Tätigkeit, da ansonsten ein Beschäftigungsverbot droht. Möglich erscheint bei einer absoluten Weigerung nach Abmahnung eine fristlose Kündigung. Auch ordentlich könnte beispielsweise gekündigt werden, auch bei Geltung des KSchG dürfte eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht kommen. Pauschale Empfehlungen kann man hier nicht aussprechen, denn es kommt immer auf die Umstände und das konkrete Arbeitsverhältnis an. Mitarbeiter, die man loswerden möchte, kann man also loswerden und Mitarbeiter, die man behalten möchte, kann man behalten.
Dr. Philipp Groteloh
ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Er beschäftigt sich seit Jahren insbesondere mit den Belangen selbständiger Physiotherapeuten.
Das Gespräch führte Redakteurin Daniela Driefert.
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