Königswartha (Bautzen): VDB-Mitglied Hagen Melcher im Portrait
Hagen Melcher gründete seine erste Praxis 1998 – zu einer Zeit, in der Aufbruchstimmung in Ostdeutschland herrschte und nur wenige niedergelassene Physiotherapeuten in Sachsen arbeiteten. Heute ist er Inhaber von fünf Physiotherapiepraxen und einer Trainingstherapie in einem Medizinischen Gesundheitszentrum. Insgesamt beschäftigt Hagen Melcher 30 angestellte MitarbeiterInnen.
In den ersten Jahren nach der Ausbildung arbeitete Melcher in einem Krankenhaus und anschließend in einer Rehaklinik für neurologische Rehabilitation. In der Wendezeit erfasste ihn die allgemeine Aufbruchstimmung, er entschloss sich in die Selbständigkeit zu gehen, zukünftig eigenständig und in Eigenverantwortung Entscheidungen zu treffen und baute eine Scheune zur Physiotherapiepraxis um. Sein Konzept ging auf. Schon zwei Jahre später eröffnete Hagen Melcher die erste Filiale und weitere folgten.
Melchers Selbständigkeit ist eine Erfolgsgeschichte, die zu DDR-Zeiten nicht vorstellbar war. Vor der Wende studierte der spätere Physiotherapeut zunächst Zahnmedizin und beabsichtigte zur Humanmedizin zu wechseln. Aus politischen Gründen blieb ihm dieser Weg verschlossen. Als Alternative wechselte er zur Physiotherapie, obwohl der Beruf in der DDR sehr schlecht bezahlt war, erzählt der heutige Unternehmer im Gespräch.
„Glücklicherweise kam die politische Wende und damit auch die Anerkennung für den Beruf“, fährt Melcher fort. Die Arbeitsbedingungen seien stetig besser geworden – und mit dem überfälligen Ost-West Angleich 2019 ging eine große Reise zu Ende, so Melcher. “Auch wenn es 30 Jahre gedauert hat, zu Wendezeiten lagen die Osttarife bei 60 Prozent des Westniveaus. Mit dem Angleich an das Lohnniveau haben die Praxisinhaber in den neuen Bundesländern endlich die Möglichkeit erhalten, vernünftige und leistungsgerechte Gehälter zu zahlen, die Kollegen im Team zu halten, vernünftig zu wirtschaften und Anschaffungen zu tätigen.”
Hagen Melcher liebt seinen Beruf. Von Anfang an, sei es sein Wunsch gewesen Menschen zu helfen. Das klinge zwar wie ein alter Hut, räumt er ein, doch die Dankbarkeit der Patienten hätte ihn immer wieder angetrieben, sei Balsam, motiviere mit Herz, Seele und Leidenschaft an die Arbeit zu gehen. Die Liebe zum Beruf übertrug sich auch auf Sohn Martin, der nach der Physioausbildung mit anschließendem Bachelor- und Masterstudium in den Betrieb einstieg. Melcher denkt an die Zukunft, wenn er sagt: „Perspektivisch ist es ein krisensicherer Beruf, weil wir den Menschen helfen können, Probleme am Bewegungsapparat zu heilen“.
Auf die Vorzüge der Selbständigkeit angesprochen, lacht er zunächst und verweist auf den großen Zeitaufwand, den die Selbständigkeit mit sich bringe, dass er nicht wisse, ob dies ein Vorteil sei. Dann wird Melcher ernst und sagt: „Das Schöne an der Selbständigkeit ist, dass ich selbst gestalten kann.“ Das habe ihn immer gereizt und er hoffe, dass die Freude darüber auch seinem Sohn erhalten bleibt. Sohn Martin stimmt zu und erzählt von neuen Plänen, der Komplettsanierung der ersten Praxis des Unternehmens und einem Kursangebot im medizinischen Gesundheitszentrum.
(dad)
Foto: Rafael Ledschbor