Knorpelschäden am Kniegelenk: G-BA beschließt neue ambulante Therapieoption
Gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten, die unter schweren Knorpelschäden am Kniegelenk leiden, steht zukünftig eine neue Therapie in der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung, informiert die G-BA Pressestelle in einer Mitteilung. Hierbei handelt es sich um die matrixassoziierte autologe Chondrozytenimplantation (M-ACI) – ein Verfahren, mit dem geschädigter Gelenkknorpel wiederaufgebaut wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) konnte heute die neue Leistung aufnehmen, weil die wissenschaftlichen Studien Vorteile im Vergleich zu anderen Therapien gezeigt haben.
M-ACI: Methode zum Wiederaufbau von Gelenkknorpel
Die autologe Chondrozytenimplantation (ACI) ist ein Verfahren zur biologischen Wiederherstellung von Gelenkknorpel, das seit Ende der 90er Jahre im Krankenhaus angewandt wird: In einem ersten operativen Eingriff wird dem betroffenen Gelenk etwas Knorpelgewebe entnommen und anschließend im Labor gezüchtet und vermehrt. Diese kultivierten Knorpelzellen werden bei einem zweiten operativen Eingriff im Bereich des Knorpeldefekts im Kniegelenk fixiert.
Bei der matrixassoziierten ACI handelt es sich um die neueste Weiterentwicklung und dritte Generation der ACI-Verfahren: Die kultivierten Knorpelzellen werden direkt auf eine Trägermatrix aufgetragen und gemeinsam mit ihr im Bereich des Knorpeldefekts befestigt. Die erste und zweite Generation der Verfahren – hier wurden die gezüchteten Knorpelzellen mit Periost (Knochenhaut) oder einer Kollagenmembran abgedeckt – spielen in der medizinischen Versorgung kaum noch eine Rolle. Da in der Bewertung weder der Nutzen der Methoden noch das Potenzial als erforderlichen Behandlungsalternative festgestellt werden konnte, hat der G-BA diese Verfahren im Gegensatz zur M-ACI als stationäre Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen.
Neue ambulante Therapieoption
Knorpelschäden am Kniegelenk können ganz unterschiedliche Ursachen haben: zum Beispiel Stürze und Fehlbelastungen. Je nach Schweregrad der Schädigungen – in der internationalen Klassifikation werden vier Stadien unterschieden – können die Betroffenen unter Bewegungseinschränkungen und Schmerzen leiden.
Die M-ACI kann als neue ambulante Therapieoption bei Knorpeldefekten des Kniegelenks eingesetzt werden, wenn der Defekt einen Schweregrad 3 oder 4 hat. Bei Grad 3 erreicht die Tiefe des Knorpelschadens mehr als 50 Prozent der gesamten Knorpeldicke. Bei Grad 4 fehlt im betroffenen Bereich des Kniegelenks die gesamte Knorpelschicht und der Knochen liegt frei.
Inanspruchnahme
Die heute getroffenen Beschlüsse werden nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vorgelegt und treten nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Bevor die M-ACI als ambulante Leistung von Fachärztinnen und Fachärzten erbracht und abgerechnet werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Schritt notwendig, den der
G-BA nicht beeinflussen kann: Der Bewertungsausschuss muss über die Höhe der ärztlichen Vergütung entscheiden. Das Gremium, in dem Vertreterinnen und Vertreter von Krankenkassen und Ärzteschaft verhandeln, hat entsprechend gesetzlicher Vorgaben sechs Monate nach Inkrafttreten Zeit, um eine Abrechnungsziffer festzusetzen.
Hintergrund – Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Verfügung steht, ist vom Gesetzgeber für die ambulante und stationäre Versorgung unterschiedlich geregelt. Arztpraxen dürfen neue Methoden erst dann als Kassenleistung anbieten, wenn der G-BA sie für den ambulanten Einsatz geprüft hat und zu einem positiven Ergebnis kam. Im Krankenhaus können medizinische Methoden zulasten der GKV erbracht werden, solange sie nicht vom G-BA ausgeschlossen wurden.
Das Verfahren, in dem der G-BA neue Methoden prüft, ist klar strukturiert: Von Antragstellung über Studienauswertung bis hin zum Stellungnahmeverfahren zu den geplanten Regelungen. Im Ergebnis legt der
G-BA fest, ob und inwieweit – d. h. für welche genaue Indikation und unter welchen qualitätssichernden Anforderungen – eine Behandlungsmethode ambulant und/oder stationär zulasten der GKV angewendet werden kann. (red.)