Die vier maßgeblichen Physiotherapieverbände IFK, PHYSIO-DEUTSCHLAND, VDB-Physiotherapieverband und Verband Physikalische Therapie (VPT) haben gemeinsam Klage gegen Teile des zweiten Schiedsspruchs vom 13. Juli 2021 eingereicht.
Mit der Vergütungserhöhung um 14,09 Prozent zu den Bundeshöchstpreisen vom 1. Juli 2019 hat die Schiedsstelle der Physiotherapiebranche zwar eine deutliche Preissteigerung zugesprochen. Dies ist ein wichtiger Zwischenschritt. Wirtschaftlich tragfähig ist das Ergebnis aber nicht.
Die Erhöhung erlaubt es PraxisinhaberInnen zum Beispiel noch immer nicht, ihren Angestellten ein Gehalt zu bezahlen, das dem eines nach TVöD bezahlten Angestellten im stationären Bereich entspricht. Solange dies nicht möglich ist, sind ambulante Physiotherapiepraxen speziell gegenüber stationären Einrichtungen, aber auch mit Blick auf den Arbeitsmarkt insgesamt nicht konkurrenzfähig. Diese Konkurrenzfähigkeit ist aber dringend vonnöten, um die Attraktivität der Berufe in der Physiotherapie nachhaltig zu steigern, um so die ambulante Versorgung von Patientinnen und Patienten langfristig zu sichern.
Grundlage für die langen Verhandlungen und das anschließende Schiedsverfahren war das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Darin hat der Gesetzgeber die maßgeblichen Verbände und den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-SV) beauftragt, Preise festzulegen, die „eine leistungsgerechte und wirtschaftliche Versorgung ermöglichen“.
Ohne die Klage könnte das von der Schiedsstelle festgesetzte Preisniveau von den Krankenkassen als „leistungsgerecht und wirtschaftlich“ im Sinne des TSVG bewertet werden. Dadurch wäre der Verhandlungsrahmen für die nächsten Jahre deutlicher enger, weil sich zukünftige Vergütungserhöhungen nur an einem Inflationsausgleich und durchschnittlichen Lohnsteigerungen orientieren würden. „Wenn wir die Ergebnisse des Schiedsspruches in dieser Form akzeptieren, würden wir den gesetzlichen Auftrag, dass unsere Leistungen leistungsgerecht und wirtschaftlich tragfähig vergütet werden sollen, aufgeben“, so die vier Verbandsvorsitzenden.
Da die Verbände diese Angemessenheit der Preise aber nach wie vor nicht sehen, haben sie sich gemeinsam entschlossen, den Schiedsspruch zu beklagen. Aus ihrer Sicht ist der Auftrag des TSVG erst dann vollständig erfüllt, wenn die Vergütung physiotherapeutischer Leistungen eine leistungsgerechte und wirtschaftliche Versorgung der Patienten gewährleistet. Das ist bislang nicht der Fall.