Rund 40 Interessensvertretungen erörterten im Rahmen einer Videokonferenz ihre Standpunkte zur Berufsreform in der Physiotherapie und Massage. Das Bundesministerium für Gesundheit hatte zur Vorbereitung eines Referentenentwurfs eingeladen.
Am 08. September fand eine Videokonferenz zum Konsultationsverfahren zur Vorbereitung eines späteren Referentenentwurfes über die Berufe in der Physiotherapie statt. Das Bundesministerium für Gesundheit hatte eingeladen, rund 40 Vertreter von Verbänden, Kassenärztlichen Vereinigungen, Gewerkschaft, Arbeitgeberverbänden, Hochschul- und Fachschulvertretern nahmen teil. In viereinhalb Stunden tauschten die Teilnehmer kontroverse Argumente zu den Kernpunkten einer Berufsreform in der Physiotherapie wie der Massage aus. Das Bundesministerium gliederte die Veranstaltung in fünf Themenfelder: Akademisierung und Fachschulausbildung, Kompetenzprofile, Direktzugang, Finanzen und Sonstiges.
Ärztevertretungen, Arbeitgeberverbände, Sehbehindertenverband, der Privatschulverband und einige andere Organisationen argumentierten für den Erhalt der Fachschulen sowie eine Teilakademisierung und gegen eine Vollakademisierung. Wolfgang Oster, stellvertretender Bundesvorsitzender des VDB-Physiotherapieverbandes trat in der Konferenz für eine Akademisierung ein, allerdings nach Vorgabe des Wissenschaftsrates mit einem Anteil von maximal 20 Prozent wissenschaftlich ausgebildeten Therapeuten. Oster setzte sich damit auch für den Erhalt der Fachschulen ein und führte ein noch wenig beachtetes Argument an: Die Fachschulen stützten eine inklusive Ausbildung in der Physiotherapie und ermöglichen damit Menschen mit Behinderung Zugang zur Berufsausbildung. Insbesondere Menschen mit Sehbehinderung biete die Physiotherapie berufliche Teilhabe. Wolfgang Oster plädierte daher für den Erhalt der inklusiven Berufsausbildung, die an einer Hochschule nicht gegeben sei.
Hauptargumente für eine Teilakademisierung und den Erhalt der Berufsfachschulen blieben der Kampf gegen den Fachkräftemangel und die Bedeutung mittlere und untere Schulabschlüsse den beruflichen Zugang ins Gesundheitswesen offenzuhalten.
Nach dem Austausch weiterer Argumente aller teilnehmenden Parteien – der notwendigen Abschaffung des Schulgeldes in allen Bundesländern, der Finanzierung einer Ausbildungsvergütung oder der Finanzierung der Hochschulausbildung – stellte sich eine leichte Mehrheit von Befürwortern der Teilakademisierung heraus, so Oster im Anschluss der Veranstaltung. Bemerkenswert empfand der stellvertretende VDB-Bundesvorsitzende die Argumente einiger Befürworter der Vollakademisierung, die eine Ausbildungsvergütung nicht umsetzen wollen, sondern bevorzugen, das Geld für den Aufbau der Studiengänge einzusetzen.
Die Vertreter des Gesundheitsministeriums nahmen die verschiedenen Argumente auf und versicherten, alle Aspekte als wichtiges Arbeitsmaterial für den weiteren Prozess zu verwenden. Nach der Bundestagswahl werde das Verfahren fortgeführt. (dad)