Berufspolitik

Übergangslösung für die Abschaffung des Schulgeldes in Bayern gefordert

Der VDB-Physiotherapieverband hat einen Brandbrief an den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder, Gesundheitsministerin Melanie Huml, Kultusminister Bernd Silber, Staatsminister Dr. Marcel Huber, Landtagsabgeordneten Klaus Holetschek, Beauftragter der bayerischen Staatsregierung für Bürgeranliegen und Bernhard Seidenath, gesundheitspolitischer Sprecher der CSU Fraktion, die sich beide im Landtag mit einem Dringlichkeitsantrag für die Schulgeldfreiheit eingesetzt hatten, geschrieben. Das Thema: Der zunehmende Fachkräftemangel in den Berufen der Physiotherapie in Bayern, unter anderem in Folge hoher Ausbildungskosten für die Auszubildenden. Die flächendeckende Versorgung der Patienten mit physiotherapeutischen Leistungen ist nicht mehr gewährleistet.
Der Brandbrief erklärt die Zusammenhänge:

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Markus Söder,

derzeit wird in den Medien das Thema Fachkräftemangel in den Bereichen Masseur und med. Bademeister sowie Physiotherapeuten thematisiert. Die Fachkräfteanalyse der Agentur für Arbeit zeigt eine deutliche Verschärfung hinsichtlich der Besetzung freier Stellen. Durch die prekäre Situation im Bereich der physikalischen Therapie kann die flächendeckende Versorgung der bayerischen Bevölkerung aktuell nicht mehr gewährleistet werden. Schon heute kann in einzelnen Regionen die Behandlung nicht mehr wie geplant durchgeführt werden. Im Bereich der Masseure und Physiotherapeuten muss aufgrund bestehender Verträge mit der Behandlung 14 Tage nach Verordnungsausstellung begonnen werden. Es ist leider keine Seltenheit, dass Patienten bis zu sechs Wochen auf den ersten Behandlungstermin warten müssen. In Einzelfällen beträgt die Wartezeit sogar zehn bis zwölf Wochen.

Verschiedene Untersuchungen gehen in der Zukunft von einer sich weiter verschärfenden Situation aus. Die IHK spricht in ihrem aktuellen Fachkräftereport über ein Defizit von 12.000 Fachkräften in den medizinischen Gesundheitsberufen. Zum einen gehen die Schülerzahlen in den Gesundheitsberufen weiter zurück, zum anderen wird für die Zukunft aber ein noch weiter steigender Bedarf an Fachkräften prognostiziert, begründet in der demographischen Entwicklung und der immer älter werdenden Bevölkerung.

Eine der Ursachen des Fachkräftemangels liegt in der Erhebung von Schulgeld für die Ausbildung. Massage- und Physiotherapieschüler müssen derzeit zwischen 250,- und 400,- EUR im Monat für ihre Ausbildung aufwenden, während in allen anderen Berufen eine Ausbildungsvergütung zu zahlen ist. In Bayern wird die Ausbildung unter anderem durch 30 Privatschulen gesichert, welche zur Finanzierung ihrer Aufwendungen, Schulgeld erheben müssen. Im Koalitionsvertrag im Bund ist zwar das Thema Schulgeldfreiheit für die Gesundheitsfachberufe genannt, allerdings ist damit zu rechnen, dass eine Regelung auf Bundesebene noch einige Zeit dauern wird. Da die Schulgeldbefreiung aber bereits in den Medien kommuniziert wurde, warten interessierte Schüler mit dem Beginn ihrer Ausbildung ab, bis diese Regelung umgesetzt ist. Durch den zu erwartenden Rückgang der Schülerzahlen und den daraus resultierenden möglichen Ausfall kompletter Klassen geraten Schulen wirtschaftlich in Schieflage, was letztendlich die Schließung dieser Schulen bedeuten wird. Schon heute erreichen uns Rückmeldungen aus den bayerischen Schulen, dass die Schüler mit der Einschreibung abwarten, bis das Thema Schulgeldfreiheit geklärt ist. Dies führt aktuell zu geringeren Schuleinschreibungen als noch vor einem Jahr. Somit ist damit zu rechnen, dass sich die Situation, vor allem in Bayern, kurzfristig deutlich verschärfen wird.
Somit möchten wir Sie dringend bitten, im Freistaat Bayern eine eigenständige Übergangslösung zum Thema Schulgeldfreiheit für die Gesundheitsfachberufe kurzfristig umzusetzen. Als kurzfristige Lösung hierzu, könnte ein Modell ins Leben gerufen werden, wie es bereits 2013 im Landesbildungsfinanzierungsgesetz mit dem Pflegebonus auf dem Weg gebracht worden ist.

Wir hoffen hierzu auf Ihre Unterstützung. Sollten Sie zu diesem Thema noch weitere Infos benötigen, stehen wir Ihnen natürlich gerne auch zu einem persönlichen Gespräch zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen
Marcus Troidl 1. Vorsitzender VDB-Physiotherapieverband LV Bayern e.V.

 

BU: Therapeuten weisen auf einer Demonstration in Köln auf die hohen Ausbildungskosten und den Fachkräftemangel hin.                                                                                      Foto: Daniela Driefert