Am 17. September 2021 begeht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum dritten Mal den World Patient Safety Day – ein Datum, das mit den seit 2015 ausgerufenen internationalen Aktionstagen zur Patientensicherheit auf das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) zurückgehe, informiert das Aktionsbündnis in einer Meldung.
Wenige Tage vor der Bundestagswahl forderte das APS auf einer Online-Pressekonferenz mit allem Nachdruck die Aufnahme von Patientensicherheit als zentrales Entscheidungskriterium auf die politische Agenda der nächsten Regierungskoalition. Ein Blick in die Wahlprogramme der meisten Parteien ließe Stand heute die Berücksichtigung von Patientensicherheit vermissen. Bliebe es dabei, werden laut der Expertinnen und Experten einmalige historische Chancen vertan, die Lehren aus der Corona-Pandemie und den Umbruch des Gesundheitswesens im Zuge der Digitalisierung im Interesse einer sicheren und für alle Beteiligten respektvollen Versorgung zu nutzen.
Nichts hat so große Auswirkungen im Gesundheitswesen, menschlicher und auch finanzieller Art, wie das Bemühen um mehr Patientensicherheit. 15 Prozent aller Aktivitäten und Kosten im Krankenhaus fließen in die Behebung von Schäden aufgrund unzureichender Patientensicherheit, so hat die OECD bereits vor Jahren ermittelt. Es ist mehr als lohnenswert und bietet einzigartiges Potential, gleichzeitig den Interessen der Patientinnen und Patienten, der Beschäftigten im Gesundheitswesen und der Gesellschaft zu entsprechen, und kann auch nur von wirtschaftlichem Interesse sein, den präventiven Einsatz der Patientensicherheit zu verfolgen und alles zu tun, um vermeidbare unerwünschte Ereignisse zu verhindern. Entsprechend ruft der Verein alle Akteure im Gesundheitswesen auf, Patientensicherheit in ihren Strukturen zu verankern und ihre Entscheidungen daran auszurichten.
„Patientensicherheit muss wesentliches Entscheidungskriterium in allen Organisationen und Einrichtungen des Gesundheitswesens sein. Damit das passiert, muss die Politik ein klares Signal setzen und das Primat der Patientensicherheit im kommenden Koalitionsvertrag niedergelegt werden,“ sagt die Vorsitzende des Aktionsbündnis Patientensicherheit, Dr. med. Ruth Hecker zum Welttag der Patientensicherheit am 17. September. „Deutschland kann sich weder die Kosten noch die gesundheitlichen und persönlichen Folgeschäden bei Betroffenen wie Mitarbeitenden im Gesundheitswesen aufgrund von mangelnder Patientensicherheit leisten! Wenn wir ein nachhaltiges, resilientes Gesundheitswesen wollen, müssen wir jetzt handeln.“
Der Welttag der Patientensicherheit ist einer von 12 jährlichen Aktionstagen, die die WHO ausruft. In diesem Jahr lautet das offizielle Motto der WHO „safe and respectful childbirth“, ein Thema, das nur auf den ersten Blick eher auf Problemlagen in ärmeren Ländern hinweist. „Sicherheit und Würde während der Gesundheitsversorgung müssen auch in Deutschland viel stärker zum Leitmotiv der Versorgung werden. Unter dem Druck der Pandemie, aber auch der ökonomischen Zwänge im Gesundheitswesen stehen wir nicht da, wo wir im Interesse aller Beteiligten stehen sollten. Es geht um Patientensicherheit in allen Phasen des Lebens,“ sagt Constantin Grosch, stellvertretender Vorsitzender des APS und Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA).
Das APS hat für Deutschland das Motto der WHO aufgegriffen und für Deutschland zum Thema des diesjährigen Aktionstags erweitert: „Mach Dich stark für Patientensicherheit – Sicher vom ersten Atemzug an!“ Auf seiner zentralen Veranstaltung zum Welttag der Patientensicherheit am 17. September in Berlin und im Livestream fokussiert das APS vor allem auf Möglichkeiten, die Patientenversorgung rund um die Geburt sicherer zu machen. „Wir wollten das einschneidende Erlebnis der Geburt zum Anlass nehmen, um auf die Bedeutung von sicherer Kommunikation, gerade auch zwischen den einzelnen Professionen und mit den Patientinnen, sowie guter Aus-, Weiter- und Fortbildung generell hinzuweisen,“ erläutert Grosch das diesjährige Programm.
„Anlass für unseren Appell an die Politik ist nicht nur die Bundestagswahl, sondern auch der Global Patient Safety Action Plan der WHO, der die Agenda der kommenden Jahre setzt. Nun ist es an der Zeit, dass auch Deutschland entschlossen handelt,“ sagt Professor Dr. med. Reinhard Strametz, Generalsekretär des APS. „Der WHO Global Patient Safety Action Plan beinhaltet 35 konkrete Ziele für die Zeit bis zum Jahr 2030, an denen sich auch Deutschland kontinuierlich messen lassen muss. Umso mehr freut uns, dass in diesem Jahr so viele Akteure im Gesundheitswesen bei unserer Mitmachaktion dabei waren. Dieses Ergebnis zeigt uns: Patientensicherheit ist mehrheitsfähig! Umso wichtiger ist, dass auch die Bundespolitik in den nächsten Jahren einen Fahrplan für mehr Patientensicherheit hat.“ (red.)